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Tierische Feinde

Abenddämmerung im Sutjeska Nationalpark
Abenddämmerung im Sutjeska Nationalpark

Die bosnische Landschaft wandelt sich, desto weiter man in das Landesinnere fährt. Die spärlich bewachsenen steinigen Berge werden zunehmend zu Grasebenen, die von kleinen Pinienwäldern gespickt sind. An einem dieser Wäldchen verlassen wir die Straße und fahren querfeldein bis wir einen schönen Platz in einem kleinen Tal zwischen zwei Wäldchen gefunden haben. Ein paar Kühe grasen in etwas Abstand hinter den Pinien. Aus der Ferne hört man das Geläut einer Ziegenherde. Bis auf einen etwas verdutzten Kuhhirten, der nett grüßend in etwas Abstand vorbeizieht, sehen wir in den nächsten Tagen keinen Menschen.

 

Dafür interessieren sich die Kühe nun sehr für den Laster, der da plötzlich auf der Wiese steht. Schrumpel kennt Kühe nur aus sicherer Entfernung hinter einem Elektrozaun. Aus der Nähe sehen sie aber gleich viel interessanter aus, und er hat ja auch seit Tagen nicht mehr mit einem anderen Hund gespielt! Also „schleicht“ er sich an und fordert eine Kuh durch Klein-machen und schnellem Hin und Herlaufen zum Spielen auf. Leider hat die Kuh wenig Lust zum Spielen. Mit einem gezielten Schlag rammt sie Ihren dicken, gehörnten Schädel gegen die kleine Bulldogge und befördert diese so unsanft unter den LKW.

 

Schrumpel hat Kühe von seiner Liste der freundlichen Tiere gestrichen
Schrumpel hat Kühe von seiner Liste der freundlichen Tiere gestrichen

Seitdem traut sich Schrumpel nicht mehr in die Nähe der Kühe. Wenn diese vor dem Auto grasen, bleibt er in sicherer Distanz bzw. versteckt sich lieber gleich im Aufbau. Von den ursprünglich zum Bullenbeißen gezüchteten Bulldoggen-Genen ist bei Ihm nicht viel übrig geblieben.

Wir verlassen die Kuhweide und fahren weiter in den Sutjeska Nationalpark, welcher einen der letzten Urwälder Europas beheimatet. Der Park ist fast menschenleer, nur wenige Wandertouristen haben sich in diesen Winkel Bosniens verirrt. Das mag auch an der mangelnden Infrastruktur liegen. In dem kleinen Dorf am Parkeingang gibt es ein Hotel und einen kleinen Campingplatz. Der Rest der Infrastruktur ist entweder im Krieg zerstört worden, oder stammt noch aus Titos Zeiten und wurde seit Jahren dem Verfall überlassen.

Die unbefestigte Serpentinenstraße die uns hinter dem Schlagbaum weiter in den Nationalpark führt ist zwar eng und steil, aber dennoch gut mit dem LKW befahrbar. Ich freue mich wie ein kleines Kind die ausgewaschene Straße mit der Geländeuntersetzung hochzukriechen. An einer Hochebene auf 1600m finden wir einen schönen Ort mit einer kleinen Feuerstelle um die Nacht zu verbringen. Wir blicken dabei direkt auf den Maglic, den höchsten Berg Bosniens, welcher von dort in 4 Stunden (One-Way) zu erwandern ist.

 

Blick über den Perućica-Urwald
Blick über den Perućica-Urwald

Am nächsten Morgen gehe ich mit Johann in der Babytrage den Weg Richtung Maglic. Nach 20min drehe ich wieder um, da der Weg doch etwas steil wird und Johann mit seinen 8kg das Wandern auch nicht vereinfacht. Auf dem Rückweg begegne ich einem Wanderführer, der eine Gruppe amerikanischer Touristen den Berg hochführt. Die Wanderer haben neuestes High-Tech Equipment dabei: Carbonwanderstöcke, Rucksäcke mit integrierten Trinkbeuteln, Multifunktionsjacken und farblich zu den Schweißbändern passende Wanderschuhen. Die verdutzten Gesichter, als ich in meinem St.Pauli Pullover mit dem Baby vor der Brust den Weg in Straßenschuhen zurückwanderte, waren Gold wert. Die Frage eines Wanderers, ob das Besteigen des Bergs mit dem Baby denn gut geklappt hat, beantworte ich mit einem Lächeln: „Klar, man muss nur das richtige Equipment haben“.

 

Brücke über die Tara-Schlucht in Montenegro
Brücke über die Tara-Schlucht in Montenegro

 Wir verlassen den Nationalpark und fahren über die Tara-Schlucht weiter nach Montenegro. Die Straße auf der bosnischen Seite ist eine Qual. Die als Hauptstraße in der Karte angezeigte Route ist nur einspurig und übersät von Schlaglöchern. Durch den vielen Gegenverkehr auf der kurvenreichen Straße müssen wir oft sehr kurzfristig auf die Seiten aus Schotter ausweichen und nehmen dabei fast jedes Schlagloch mit, sodass uns nach kurzer Zeit schlecht wird und wir lieber einen Campingplatz anfahren.

 

Dort wohnt neben ein paar Hunden, mit denen sich Schrumpel super versteht, auch ein ziemlich aufdringlicher Esel. Das Erlebnis mit der Kuh ist ihm noch in guter Erinnerung, weshalb Schrumpel mit eingezogenem Schwanz hinter uns Schutz sucht, als sich der Esel nähert. Da dieser aber nicht abzieht und Schrumpel konstant hinterherläuft, taut das Eis langsam. Schließlich positioniert der Esel auch demonstrativ sein Hinterteil vor Schrumpels Schnauze, damit dieser daran schnüffeln kann. So zumindest hat er sich das wohl vorgestellt. Nach anfänglicher Schnüffelei packt Schrumpel die Zunge aus und probiert wie der Esel am Hinterteil denn schmeckt. Das war dann aber wohl zu viel und ein harter Huf landet mit Schmackes an Schrumpels Schädel. Tief schockiert sitzt die Bulldogge nun mit einem blauen Auge unter dem LKW und fügt ein weiteres Tier seiner Liste der Erzfeinde hinzu…