Das erstes Hindernis stellt die örtliche Zeitrechnung dar. Da Äthiopien relativ nah am Äquator liegt sind Tag und Nacht immer ungefähr 12 Stunden lang. Somit bezeichnet man hier den Sonnenaufgang als 12 Uhr; eine Stunde nach Sonnenaufgang ist es dann ein Uhr am Tag. Wenn die Sonne seit drei Stunden untergegangen ist, ist es demnach - ihr könnt es schon erraten - drei Uhr nachts.
Auch rätseln wir etwas über das Preislevel. Eine riesige Mahlzeit injera (Fladenbrot aus Sauerteig) mit Fleisch in einem Restaurant kostet ca. 2 Euro, mein Friseurbesuch 1,5 €. Eine Taxifahrt hingegen, auch wenn es nur wenige Meter sind, fängt jedoch erst bei 6 Euro an und schnell fordert der Fahrer auch mal ein Vielfaches dieses Betrags. Also, wenn wir mal nach Afrika ziehen sollte, werde ich Taxifahrer!
Bald haben wir jedoch den Grund heraus gefunden. Unsere Hautfarbe! Als (weißer) Ausländer ist man ein Faranji, und man bezahlt nicht selten das Zehnfache dessen, was ein Einheimischer zahlt. Ok, dass einen die Taxifahrer versuchen zu bescheißen, obwohl sie einen in ca. 40 Jahre alten Ladas herumkutschieren, die nur notdürftig mit Draht zusammen gehalten werden, kann man noch verstehen. Als wir dann aber herausfinden, dass die staatliche Fluggesellschaft Ethiopian Airlines - immerhin Mitglied der Star Alliance - die selbe Praxis verfolgt und die Ticketpreise für Faranjis verdreifacht, fällt uns doch die Kinnlade runter. Auch Hotels oder Museen folgen dieser Preispolitik für Ausländer. Das sollte man mal in Deutschland versuchen!
Addis Abeba ist groß, dreckig und die Bevölkerung sehr arm. Man sieht, dass Äthiopien auf dem Human Development Index nur Platz 174 von 187 belegt, denn es gibt kaum Infrastruktur. Die paar Sehenswürdigkeiten fahren wir mit dem Taxi zum überhöhten Faranji-Preis ab, und mindestens ein Taxifahrer kann nun seine gesammte Verwandschaft zum Osteressen einladen.
Unser Ausflug auf den Hausberg von Addis, Entoto Hill, beginnt mit einem klapprigen Lada, der beim ersten Anzeichen des Hügels rauchend den Geist aufgibt. Das ist aber kein Problem, es wird einfach der nächstbeste Pickup Truck gestoppt, und, nachdem wir dem Taxifahrer den halben Preis bezahlt haben, sitzen wir in einem fremden Auto, das uns dann den Rest der Strecke fährt.
Von Addis Abeba fahren wir 14 Stunden mit dem Bus nach Gonder. Die alte Königsstadt war im sechzehnten Jahrhundert die Hauptstadt Äthiopiens, und zu dieser Zeit war es Brauch, dass jeder neue König, sich zuerst einen neuen Palast bauen musste. So gibt es in der Stadtmitte auf einem relativ kleinen Arial, 6 Paläste und im nahen Umland nochmal eine Sommerresidenz und einen weiteren Königinnenpalast zu bewundern. Wobei die Paläste hier nicht mit Neuschwanstein oder Sanssouccie vergleichbar sind. Der Größte der Paläste hat 3 Zimmer: Ein Schlafzimmer, ein Empfangssaal und ein Frauenzimmer. Die anderen Herrscher kamen mit ein oder zwei Zimmern aus.
Nach soviel Kultur machen uns zu einem zweitägigen Wanderausflug in das Simien-Gebirge auf um die atemberaubende Landschaft Äthiopiens zu erkunden. Zu unserer Wandergruppe zählt ein Guide, ein Koch und ein mit Kalaschnikow bewaffneter Scout. Der Scout wäre eingentlich unnötig, da die Sicherheitslage gut ist, und er kein Englisch spricht. Auf Nachfrage erfahren wir, dass dies eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Regierung ist, um die ortsansässigen Hirten vom Tourismus profitieren zu lassen. Nun gut, dann soll er halt sein Schießgewehr hinter uns hertragen…
Die Aussicht vom Hochplateaus ist umwerfend, und die meiste Zeit führt uns der schmale Pfad nur wenige Meter an der steilen, 500m tiefen Abrisskante des Plateaus entlang. Von hier oben kann man kilometerweit über die karge, felsige Landschaft des äthiopischen Hochlands blicken. Sobald der Weg ansteigt, fangen wir an ganz schön nach Luft zu schnappen und merken, dass wir uns auf über 3500 Meter befinden.
Auch die Tierwelt ist vielfältig. Auf unserer Wanderung begegnen wir riesigen Blutbrustpavianbanden, die uns ohne Zeichen von Aggression in ihrer Mitte dulden. Über uns kreisen Lammergeyer und halten nach Knochen Ausschau, welche sie dann in gekonnten Sturzflugmanövern die Steilwand hinunterbefördern um so an das Knochenmark zu gelangen. Unter uns in der Steilwand sehen wir Klippspringer und majestätische Walya-Steinböcke.
Nach einer unleidigen Reiseerfahrung im dritte Klasse Bus, besuchen wir als letztes Highlight unseres Aufenthalts in Äthiopien die Felskirchen von Lalibela. Die Kirchen aus dem zwölften Jahrhundert sind nicht nur in den Fels geschlagen, sondern wurden komplett aus dem diesem befreit und bestehen somit nur aus einem einzigen Stück Fels. Eine wahnsinnige Ingenieursleistung für die damalige Zeit.
Tief in den Fels geschlagene Tunnel und Gänge verbinden die insgesamt 12 Kirchen und in den Morgenstunden kann man Mönche, Priester und Gläubige auf dem Weg zur Messe durch die Gänge huschen sehen. Dies gepaart mit dem Dorf, in dem eher Esel und Maultiere anstatt Autos das Straßenbild prägen, und Häuser noch traditionell aus Holz und Lehm gebaut werden, zeichnet ein Bild in dem man sich wie in der Zeit zurück versetzt fühlt.
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